Die innere Uhr des Weihnachtssterns irrt nie.

Tick-tack. Weihnachtssterne sind pünktlich wie eine Schweizer Uhr. Sobald Tag und Nacht gleich lang sind, befehlen sie ihren Hochblättern, den Brakteen, sich rot zu färben. Das heißt: 50 Tage lang zwölf Stunden Dunkelheit, sonst „blüht“ der Weihnachtsstern in der Adventszeit grün. „Auf die Induktion kommt es an“, sagt Andreas Lintner (Link zu Team), Gärtner in der Gärtnerei Schullian. Jedes Jahr bringt er dort 8.000 Weihnachtssterne zum Blühen.

Alle fiebern wir auf die Tage Anfang Oktober hin. Das ist der Moment, an dem darauf geachtet wird, dass im Glashaus pünktlich das Licht ausgeht. Bis jetzt hat es immer funktioniert. „Am 15. Oktober färben sich dann die ersten Blätter. Man kann die Uhr danach stellen“, erzählt Andreas.

Wenn Sie sich jetzt fragen, wie eine Gärtnerei es schafft, die ganze Adventszeit hindurch immer neue blühende Weihnachtssterne zu liefern, sind Sie gut im Rechnen. Und wir sind froh, dass wir Andreas haben. Folgen Sie seinem Rat und wir sind sicher, Ihr Weihnachtsstern färbt sich nächsten Herbst auch bei Ihnen daheim.

In der Produktion: Raubmilben und ein
kühler Morgen wirken Wunder.

Die Jungpflanzen kaufen wir bei unserer Nachbargärtnerei Psenner (Link zu „Stearn“ von Psenner) bereits im Juni. Ab dann liegt es in unserer Hand, dass die Sterne zu einer typischen Schullian-Form heranwachsen: groß, rund, mit vielen Hochblättern. „Ich mache jeden Tag meine Runde“, sagt Andreas. Er kontrolliert die Temperatur, fühlt die Erde, misst den Nährstoffgehalt, düngt, hält nach Schädlingen Ausschau. „Weihnachtssterne sind besonders anfällig gegen die Weiße Fliege“, stöhnt Andreas. Alle zwei Wochen streut er deshalb Raubmilben aus, Nützlinge, die sich die Fliegeneier vornehmen.

Unsere Weihnachtssterne gedeihen bei gleichbleibenden 16 Grad Celsius. Bis Andreas entscheidet, dass es wieder einmal Zeit für „cool morning“ ist. Über den Klimacomputer wird die Temperatur dann frühmorgens drei bis vier Stunden lang auf 12 Grad gesenkt. „Das spart Heizkosten“, sagt Andreas. Vor allem bremst die Frischekur das Wachstum, dafür blühen die Sterne intensiver. Im Topf ist eben vieles komplizierter als in der freien Wildbahn...

Aus der Geschichte: ...und Hollywood folgte dem mexikanischen Stern.

In Mexiko wachsen wilde Weihnachtssterne bis zu fünf Meter hoch. Bei den Azteken entstand um die Pflanze mit dem Namen „Lederblume“ (Cuitlaxochitl) ein regelrechter Kult. Tempel wurden geschmückt, Wände mit der aus den Blättern gewonnenen Farbe bemalt; der Milchsaft der Pfanze galt als fiebersenkend. Nach der Eroberung Mexikos durch die Spanier wurde auch die Lederblume missioniert: Franziskanermönche nannten die Pflanze fortan „Flores de Noche Buena“, also Blume der Heiligen Nacht, und dekorierten mit ihr die Weihnachtskrippen. 1804 brachte Alexander von Humboldt den Weihnachtsstern nach Europa. In Berlin wurde die Pflanze katalogisiert und auf den Namen Euphorbia pulcherrima getauft, die Schönste aus der Familie der Wolfsmilchgewächse.

Jetzt war sie reif für Hollywood: Paul Ecke Jr., Sohn einer deutschen Auswandererfamilie, gelang es, den Weihnachtsstern zu kultivieren. 1906 verkaufte er Zweige der Pflanze auf dem Sunset- und Hollywood-Boulevard in Los Angeles. Pünktlich zur Weihnachtszeit. Die Stars waren begeistert: Hollywood hatte einen neuen Stern und die Welt folgte Hollywood. Derweil fürchten die Mexikaner um die ursprünglichen Arten: zum Schutz wird in der Universität Chapingo eine Samenbank aufgebaut.

Für die Pflege zu Hause:
So bringen Sie Ihren Weihnachtsstern
zur neuen Blüte.

Probieren Sie es! Werfen Sie Ihren Weihnachtsstern nicht weg. Schneiden Sie ihn nach der Blüte zurück, topfen Sie ihn um und gönnen Sie ihm eine Ruhephase an einem halbschattigen Ort bei 15 Grad Celsius. Gießen Sie mäßig, achten Sie jedoch auf die Blätter. „Wenn die Blätter hell werden, ist es Zeit, zu düngen“, rät Andreas Lintner. Brenzlig wird es im Herbst. Da müssen Sie auf dem Sprung sein, den richtigen Moment erwischen und einen dunkelsicheren Ort finden. „Nur die Induktion ist wichtig“, beruhigt Andreas, „wenn der Stern sich zu färben beginnt, kann er ruhig wieder im Licht stehen.“

Um ihre Katze müssen Sie sich übrigens keine Sorgen machen. Weihnachtssterne sind zwar giftig wie alle Wolfsmilchgewächse, aber: „Hast du je gehört, dass eine Katze gestorben ist, weil sie einen Weihnachtsstern gefressen hat?“ Andreas schüttelt den Kopf.