Die brave Tochter,
die den Laden auf den Kopf stellte.

Martina Schullian und das Gärtnern? Wer Martina nur oberflächlich kennt, würde sagen: falscher Rhythmus. Nichts mag Martina Schullian weniger als Langeweile. Den Pflanzen beim Wachsen zuzusehen, käme ihr nie in den Sinn. Etwas anderes ist es, von Pflanzen das Wachsen abzuschauen. Das Schöne, das Unbedingte, den Willen zum Leben an sich. „Ich mache, was mir gefällt“, sagt Martina. So war sie schon immer. Nur einmal nicht. Damals hat sie die Gärtnerei übernommen.

Es war 1994. Ihr Bruder wollte lieber Medizin studieren und Vater Franz fiel aus allen Wolken. 1948 hatte er die Gärtnerei als Engros-Betrieb gegründet, in all den Jahren mit seiner Frau Christine Stimpfl aufgebaut, in den 1960er Jahren war er sogar erster Obmann der Südtiroler Fachgruppe für Gartenbau gewesen. Plötzlich stand er ohne Nachfolger da. „Ich fühlte mich verantwortlich“, erinnert sich Martina. Eine Bedingung stellte sie: Ich werde alles anders machen.

Wer Kunstgeschichte studiert,
will von Natur aus mit
neuen Augen sehen.

So weit war es mit der Gärtnerei also gekommen: Martina oder zusperren. Franz Schullian schob die Erinnerungen beiseite: Martina, die in der Gärtnerei immer bloß aushalf, wenn es sein musste; Martina, der in Bozen alles zu eng war, die hinaus in die Welt wollte – und dann auch noch Kunstgeschichte studierte. Immerhin hatte sie eine Floristenlehre absolviert.

Während Franz Schullian noch grübelte, krempelte seine Tochter den Laden um. Aus der Gärtnerei, die Pflanzen an Großkunden verkaufte, machte sie einen persönlichen Ort, an dem Pflanzen und Kunst zu Lebensbegleitern werden.

Pflanzen, Lesungen, Musik:
In die Gärtnerei kommt,
was Martina guttut...

Ohne die Wurzeln des Betriebs zu kappen, schleust sie neue Ideen und altes Kulturwissen ein. Auch wenn das heißt, dass für Veranstaltungen immer ein Glashaus umgeräumt werden muss, das Glashaus III überhaupt zu einem Museum des Gartenbaus wurde und einzelne Vasen und Figuren praktisch unverkäuflich sind. „Diese Freiheit bewahre ich mir“, sagt Martina Schullian selbstbewusst.

In ihre Gärtnerei kommt, was ihr und der Atmosphäre guttut; das kann skurril oder kitschig oder einfach originell sein. Früher stand manchmal ein kleiner Traktor irgendwo quer, dann wussten die Kunden, jetzt biegt gleich einer von Martinas drei Söhnen um die Ecke.

Erste Runde: Kaffeekränzchen.

Nie langweilig eben. Als Martina Schullian im Dezember 1994 neu aufsperrte, war das alles andere als klar. Zwei Monate saß sie allein mit Blumen und Vasen da und wartete, während Franz Schullian besorgt seine Runden drehte. Ab und zu kam eine Freundin vorbei und Martina kochte Kaffee: „So viel Zeit für meine Freundinnen hatte ich seither nie wieder.“

Sonst hätte Franz Schullian noch recht behalten.